Organisierter Game Drive mit Löwenrudel - Reisebericht Namibia und Botswana 2023

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Geführter Game Drive erfüllt sämtliche Erwartungen
Nach den angeregten Gesprächen beim Abendessen bin ich ein wenig aufgekratzt und finde lange keinen Schlaf. Außerdem hält mich das wiederholte Löwengebrüll im gegenüberliegenden Nationalpark wach. Kaum bin ich ein wenig eingedöst, reißt mich der König der Tiere wieder aus dem Schlaf. Ich bereue es mittlerweile zutiefst, dass wir die Ratschläge von mehreren Gästen nicht ernst genommen haben, die sich alle einige waren, dass man hier unbedingt eine geführte Tour mitmachen sollte. Leider können wir uns das überhaupt nicht vorstellen, weil man auf einem voll besetzten Game Drive-Fahrzeug natürlich nicht so gut fotografieren kann wie im eigenen Auto, von der individuellen Zeiteinteilung ganz zu schweigen. Wir haben bisher einen einzigen organisierten Drive mitgemacht und der hat uns darin bestätigt, dass wir weiterhin selbst auf Tierbeobachtung gehen.
Als Manfred am 04.10.2023 wach ist, schlage ich ihm sofort vor, noch heute auf den 7 Uhr – Game Drive zu gehen, falls das so kurzfristig möglich ist. Wir bewundern noch kurz das grandiose Morgenrot über dem gegenüberliegenden Flussufer und gehen auf gut Glück um 6 Uhr zur Rezeption, die zu dieser frühen Stunde natürlich noch nicht besetzt ist. An der Bar stehen noch die leeren Gläser der letzten Gäste des Vorabends, zu denen auch wir gehört haben. Also frage ich eine der Angestellten, die vermutlich zum Küchenpersonal gehört, wann der Boss üblicherweise ankommt. Sie verweist an den Kollegen, der im Gebäude hinter der Rezeption wohnt und klopft an die Tür. Kurz darauf ist alles geklärt: Wir können tatsächlich um 7 Uhr mit auf Tour in die Buffalo Core Area gehen.
Spontaner organisierter Game Drive
Also packen wir schnell unsere Sachen zusammen und sind eine Viertelstunde vor Abfahrt am Treffpunkt, wo bereits mehrere Gäste warten, von denen die meisten auf denselben Game Drive gehen wie wir. Punkt 7 Uhr setzen wir mit einem kleinen Boot zum gegenüberliegenden Flussufer über, wo uns bereits unser Fahrer Boniface erwartet. Als erstes bekommen wir einen weiblichen Sable (Rappenantilope) zu Gesicht, das Männchen steht nicht weit davon entfernt. Außerdem sichten wir einige Paviane, Warzenschweinen und natürlich auch immer wieder Impala.
Auch Elefanten lassen nicht lange auf sich warten und Boniface warnt uns ein wenig vor den grauen Riesen, die im Caprivi teilweise aggressiver auf Menschen reagieren als anderswo, weil sie hier immer wieder gejagt werden und damit Menschen als Bedrohung empfinden. Mir fällt wieder die sehr nahe Begegnung vom Vortag ein und ich bin fast froh, dass wir so schnell weitergefahren sind. Schnell weiterfahren ist nicht immer möglich. Obwohl die Strecke, die der Game Drive nimmt, in deutlich besserem Zustand ist als die Piste durch Breytenbach, auf der wir am Tag zuvor unterwegs waren, muss unser professioneller Fahrer mehrfach zurückstoßen und erneut Anlauf nehmen, um einige schwierige Passagen zu meistern. Das kennen wir auch schon von unserem ersten und bis dahin einzigem organisierten Game Drive im Waterberg Plateau Park.
Wir sind wieder froh über unsere benutzerfreundlicher Vollautomatik, mit der man ganz einfach auf Allrad, tiefen Sand und andere extreme Straßenbedingungen umschalten kann, so dass auch ungeübte Allradfahrer wie Manfred solche Pisten bewältigen können. Immerhin könnte unser Fahrer schnell über Funk Hilfe anfordern, wenn wir tatsächlich stecken bleiben würden. Aber dazu kommt es nicht und so können wir uns über weitere Elefanten, Kudus, Impala und weitere Antilopen freuen.
Löwenrudel mit Jungen
Aber eigentlich sind wir wegen den Löwen hier, die mich in der Nacht um den Schlaf gebracht und auch die anderen immer wieder aufgeweckt haben. Boniface erklärt gleich am Anfang, dass es keine Garantie dafür gibt, dass wir die Raubkatzen tatsächlich zu sehen bekommen. Den Spuren im Sand, die in Richtung Fluss laufen, kann auch das Game Drive – Fahrzeug nicht folgen. Aber unser Guide kennt natürlich die Stellen, an denen die Löwen sich tagsüber gerne aufhalten und er kann sie auch anfahren. Und so stehen wir plötzlich vor einem ausgewachsenen Löwen, der im hohen Gras liegt. Dass er einen Sender trägt, tut nichts zur Sache. Das hat uns 2013 bei unseren ersten Löwen im Etoscha Nationalpark auch nicht gestört.
Boniface ist in ständigem Kontakt mit anderen Game Drive-Fahrern und tauscht sich auch mit entgegenkommenden Kollegen aus. Irgendwann hören wir was von „cubs“ – also Jungtieren. Das lässt hoffen, dass wir bald das ganze Rudel zu sehen bekommen. Und prompt biegen wir wenige Minuten später von der regulären Piste ab und fahren ein Stück in den Busch. Offroad-Fahren ist in Nationalparks strikt verboten, außer für autorisierte Game Drive-Fahrzeuge. Im hohen Gras tummeln sich mehrere kleine Löwen, weiter hinten entdecken wir zwei Löwinnen. Unsere Erwartungen haben sich erfüllt – leider in jeder Hinsicht, also auch im Negativen. Erstens spielt sich einiges auf der anderen Seite des Fahrzeugs ab, auf die ich unmöglich wechseln kann. Zweitens kann ich den Kleinen mit der Kamera nicht so folgen wie in unserem eigenen Fahrzeug, weil ich meine eigene Position nicht verändern kann. Und drittens sind uns beim Fotografieren immer wieder Mitreisende im Weg. Deshalb gehen wir auch grundsätzlich allein auf Tour. Aber wie gesagt: Dieses Löwenrudel hätten wir allein nie gefunden und wir wären mit unserem Mietfahrzeug auch nicht so nahe an die Tiere herangekommen. Also hat sich der Game Drive auf jeden Fall rentiert und wir sind vorerst glücklich und zufrieden.
Die weiteren Sichtungen sind eigentlich nur noch schmückendes Beiwerk und nichts, was wir nicht schon auf unseren eigenen Rundfahrten erlebt haben. Das Fotografieren bleibt schwierig und wir stellen bald fest, dass organisierte Game Drives noch viel anstrengender sind als selbst zu fahren.
Frühstückspause am Fluss
Da kommt die Frühstückspause am Fluss gegen 9:30 Uhr sehr gelegen. Wir bekommen ein Lunchpaket und wir schaffen es auch trotz mehreren anderen Fahrzeugen, unbemerkt kurz hinter den Busch zu gehen. Nachdem der erste Hunger gestillt ist, tauschen alle ihre Reiseerfahrungen aus. Die meisten waren schon mehrfach in Afrika und außer uns sind alle begeisterte Game Drive-Fans. Ein Münchener, der als letzter zugestiegen ist und laut eigener Aussage kein Problem damit hatte, in der Mitte zu sitzen, weil er ohnehin nicht fotografiert, moniert plötzlich, dass er gar nicht mitgefahren wäre, wenn er gewusst hätte, dass „der Bock voll ist – links eine Kamera – rechts eine Kamera“. Da sind dann wohl wir gemeint. Ganz voll ist das Fahrzeug nicht, der Platz vorne in der Mitte ist auch noch frei und da hat nur der Landsmann aus Ottobrunn bei München eine Kamera dabei, seine Frau filmt und fotografiert mit dem Smartphone, genau wie das andere Paar aus dem Raum München in der mittleren Reihe. Aber er wollte lieber nach hinten, ausgerechnet zwischen die beiden, die jeweils zwei Kameras dabeihaben: eine für Weitwinkel und eine für Teleaufnahmen.
Wen interessieren die Büffel im Fluss?
Nachdem Game Drives ihren Zeitplan einhalten müssen, drängt Boniface rechtzeitig zum Aufbruch. Dass gerade eine Herde Wasserbüffel den Fluss durchquert, interessiert außer mir scheinbar niemanden mehr. Ich weise mehrfach auf dieses grandiose Big-Five-Schauspiel hin –auf Deutsch und Englisch. Wir fahren trotzdem. So viel zum Thema, wenn es was Interessantes zu sehen gibt oder man etwas fotografieren will, soll man Bescheid sagen. Ich nehme es gelassen. Wir konnten dieses grandiose Schauspiel schon mehrmals in aller Ruhe beobachten, filmen und fotografieren, mit viel Zeit und Muse und im eigenen Auto.
Gegen Ende wird es dann nochmal richtig aufregend, denn ein entgegenkommender Fahrer berichtet von einer Leopardensichtung in einem großen Baum am Fluss. Also fahren wir nicht direkt zu unserem Boot zurück, sondern drehen noch eine große Runde, bei der alle angestrengt nach dem seltensten Big Five Ausschau halten, leider vergeblich. Scheinbar hat der Leopard den Baum verlassen, genau wie am 13.10.2015, als wir im Chobe Nationalpark endlich vorfahren konnten, nachdem die ganzen Game Drives weiter gefahren waren. Ich konnte gerade noch einen kurzen Blick auf diese faszinierende Raubkatze erhaschen, die das perfekt Fotomotiv abgegeben hätte. Aber als ich meine Kamera auf sie gerichtet habe, ist sie fluchtartig vom Baum heruntergelaufen und in dem umliegenden dichten Buschwerk verschwunden. Trotzdem habe ich diesen Anblick nie vergessen und ich hätte mir gewünscht, dass auch Manfred endlich seine Big-Five-Sichtungen vervollständigen könnte. Aber das wäre nach dem umwerfenden Löwen-Erlebnis vielleicht etwas viel verlangt.
Wir sind immer noch keinen Game Drive-Fans
Als wir um 10:30 Uhr zu unserer Lodge zurückkehren, fragt der Besitzer natürlich sofort, wie der Game Drive war. Ich antworte wahrheitsgemäß, dass er absolut toll war und wir die Löwen alleine nicht gefunden hätten. Seine Frage, ob wir nun doch noch Game Drive – Fans geworden sind, sorgt bei den echten Game Drive-Fans für leichte Irritationen. Ich erkläre, dass wir auch weiterhin lieber individuell fahren wollen, weil auf organisierten Touren einfach das Fotografieren sehr schwer fällt oder teilweise unmöglich ist, wenn die Fotomotive sich auf der falschen Seite befinden. Vielleicht hätte ich nicht hinterherschicken sollen, dass wir im Etoscha Nationalpark schon absolut atemberaubende Erlebnisse mit Löwen hatten, bei denen nur Privatfahrzeuge und kein einziger organisierter Game Drive anwesend waren.
Bei dieser Story wurde auch unser Landsmann am Vorabend plötzlich etwas still, der uns vorher von ganz tollen Erlebnissen auf geführten Touren berichtet hat. Ich räume aber sofort wieder ein, dass man Caprivi nicht mit Etoscha vergleichen kann und wir hier die Löwen allein nicht gefunden hätten. Und wir wissen auch sehr zu schätzen, dass wir so kurzfristig auf diesen Game Drive mitkommen konnten, der alle unsere Erwartungen erfüllt hat, leider auch die negativen.
Ich sehe geführte Touren noch kritischer
Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, sehe ich um 4 Uhr morgens den geführten Game Drive noch deutlich kritischer. In einem Nationalpark sollten Schutz von Natur und Tierwelt oberste Priorität haben, weshalb man die offiziellen Wege nicht verlassen und nicht Offroad fahren darf. Da passt es irgendwie nicht ganz ins Konzept, dass alle geführten Game Drives in den Busch fahren, damit die zahlenden Gäste möglichst nah an ein Löwenrudel herankommen, das sich bewusst im dichten Busch und hinter hohem Gras versteckt hält, auch wenn Löwen (und auch Büffel) gelassen auf Autos reagieren, solange niemand aussteigt.
Das sieht auch einer der anderen Passagiere so, mit dem wir uns am Abend zuvor länger über dieses Thema unterhalten haben. Egoistisch betrachtet ist es ein tolles Erlebnis, Tiere zu sehen, die man vor der regulären Piste aus unmöglich ausmachen kann. Unter den Gesichtspunkten Naturschutz und Tierschutz ist es eher bedenklich. Trotzdem nimmt er regelmäßig und mit Begeisterung an organisierten Game Drives teil und freut sich natürlich besonders über die Erlebnisse, die er als Selbstfahrer nicht hätte. Wir sind sicher, dass das unser letzter organisierter Game Drive war. Nicht aller guten Dinge sind drei…
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